Luftschiff

Die Konstruktion der Schiffe

Eine Schiffsbauwerft gibt es natürlich nur bei den Sanikani und auch in der Tat nur eine einzige Werft neben einigen bloßen „Reparaturhöfen“ am Rande der Plattform, in denen nur kleinere Reparaturen und Umbauten an Gondel und Antrieb durchgeführt werden, keinesfalls aber Schiffe von Beginn an gebaut werden können. Das liegt allein daran, dass der Bau der Luftschiffe seit ihren Ursprüngen fest in den Händen der Priesterschaft des Sanikas, des Gottes der Winde ist. Nur in den Reparaturhöfen arbeiten auch Nichtpriester am Ausbau der Gondeln oder der Takelung der Segel. Offiziell erklärt sich das daraus, dass die Fliegerei als göttliches Geschenk an die Unuim angesehen wird und dass die Priesterschaft daher auch bestimmen kann, wer des Besitzes eines solch göttlichen Geschenkes wie eines eigenen Luftschiffes würdig ist. Es ist alles andere als einfach, ein Schiff von den Priestern gebaut zu bekommen, daher sind die vorhandenen Schiffe meist Erbstücke, die sorgsam gepflegt von Generation zu Generation in den Familien weitergegeben werden. Nie etwa würde ein noch so gieriger Unuim sein Schiff an einen anderen Unuim und natürlich erst recht nicht an Angehörige anderer Rassen verkaufen. Strenge Rituale sind von Anwärtern auf ein neues Schiff zu durchlaufen, schwere Prüfungen erwarten sie und harte Opfer werden erwartet. Auch beachtliche Spenden an den Tempel sind zu erbringen, um Sanikas gnädig zu stimmen und ihn dazu zu bringen, in das kraftlose Schiff mit seinem leeren Ballon am Tage des Stapellaufs seinen „Odem“ einzuhauchen. Nicht zuletzt deswegen werden nur sehr wenige Schiffe pro Jahr gebaut.

Die Luftfahrt wird wie gesagt als göttliches Wunder erklärt. „Sanikas Odem“ soll die Schiffe zum Fliegen bringen und „heilige Feuer“ helfen den Piloten bei der Steuerung der Schiffe. Die Piloten sind auch alle tief religiös und verehren Sanikas fanatisch. Das wiederum hilft den Priestern auch gut bei der Kontrolle über Schiffe und Technik. Eine derart „mystische“ Erklärung ist natürlich nicht der wahre Grund, weshalb die Luftschiffe fliegen. Ihren Auftrieb erhalten die Schiffe nicht durch einen „Odem“, sondern primär schlicht durch Helium. Irgendwo in oder wahrscheinlicher unter den Türmen der
Sanikani findet sich ein alter Fusionsreaktor, aus dem die technisch höchst versierten Hohepriester des Helium abzapfen und als „Sanikas Odem“ anpreisen. Technisch funktioniert das Fliegen dann wie folgt: die Atmosphäre innerhalb der Röhre wird nach oben hin dünner. Das Gas im Schiff ist nahe dem Boden leichter als die umgebende Luft, so dass die Schiffe aufsteigen können. Wird die Luft nach oben hin dünner, ist irgendwann das Gas im Ballon genauso schwer wie die umgebende Luft. Dann steigen die Schiffe nicht mehr weiter nach oben. Das hat zugleich zur Folge, dass ein Luftschiff umso höher fliegt, desto weniger beladen es ist, während ein bis zur Oberkante mit Erzen vollgestopftes Schiff sich bereits Gedanken um den nächsten größeren Hügel machen muß! Doch das alles ist noch nicht der Weisheit letzter Schluß, denn leider sind die Türme die einzige bekannte Stelle, an der Helium in die Schiffe abgefüllt werden kann und diese schließlich zum Fliegen bringt. Wenn die Schiffe zum Landen und zur genauen Höhensteuerung Gas ablassen müßten, wäre eine geordnete Luftfahrt nicht möglich. Zudem wird der oben angesprochene Auftrieb auch grundsätzlich nicht plötzlich weniger, d.h. theoretisch bleibt ein Schiff solange in der Luft, bis die Hülle undicht wird. Ein Regulieren des Höhenflugs - etwa 100 Vat näher zur Erde, um der Bäuerin in den Ausschnitt zu gucken - wäre auch nicht möglich. Aber auch hier wurde eine Lösung gefunden: die Schiffe haben einen Mischauftrieb: das Helium läßt ein Schiff grundsätzlich aufsteigen, doch wird der Auftrieb ergänzt durch ein Heißluftballonelement. Dann bleibt der Höhenflug besser regulierbar. Ein Heißluftballon muß aber auch befeuert werden. Hier kommt das „heilige Feuer“ ins Spiel. In den Gondeln befinden sich Altäre für Sanikas, in denen ein braunes Salz verbrannt werden kann als „heiliges Feuer.“ Verbrannt wird dort nichts anderes als in den Tempeln gegen teure Opfergaben erworbenes Silicium, welches in gemahlenem Zustand (brauner Feststoff) wunderbar mit dem in der Luft enthaltenen Stickstoff brennt. Silicium brennt erst, wenn es gemahlen ist und ist daher problemlos transportabel. Gemahlen verhält es sich dann aber wie Knallgas! Bei der Verbrennung entsteht als „Abfallprodukt“ Quarz, welches die Unuim den Priestern zurückgeben. Diese können dann in den Türmen mit der Energie aus den tiefen der Tarrocsha aus dem Quarz wieder reines Silicium machen, was aber nur den Hohepriestern bekannt ist. Die Piloten empfinden das Feuer allein als Opfer für ihren Gott, der ihnen beim Flug der Schiffe hilft.

Der Mischauftrieb führt konstruktiv dazu, dass die Zeppeline rechts und links in der Hülle große „Beutel“ mit Helium besitzen und in der Mitte einen luftgefüllten Ballon zum Erhitzen. Der „Altar“ in der Gondel fungiert mit dem Silicium als Brenner. Die Hülle des Ballons ist aus einem seltsamen schwarzen Kunststoff, hochfest und reißsicher. Gerüchte, dass die Hülle so fest sei, dass man sie nicht mit Pfeilen versehren könne, sind ins Reich der Legende zu verweisen. Nichtsdestotrotz ist das Material stabil und vor allem - um Heliumverlust zu verhindern - auch absolut dicht. Nur die Priester verstehen sich auf die Verarbeitung des Kunststoffes. Unterwegs haben die Piloten aber stets ein Paket mit einigen Flicken und Leim dabei, um eventuelle Löcher ausbessern zu können. Auch hier wird das Ganze als Geschenk des Gottes getarnt und ist nur gegen Opfergaben im Tempel zu bekommen. Ein seltsames Ritual verbindet sich mit dem Flickzeug, so muß etwa der Zwei-Komponentenkleber unter „mystischen Gesängen“ angerührt werden und bestimmte Bewegungsvorgänge sind vorgeschrieben, mit denen die Hülle versiegelt und der „Odem Sanikas‘ eingefangen“ werden kann. Religion ist eben auch das Opium der Luftschiffer und auch wenn schlaue Köpfe bislang mißtrauisch werden und eine einfachere Erklärung vermuten, würde doch niemand die Thesen der in der Luftfahrt übermächtigen Priester offen anzweifeln. Und abergläubisch sind diese Unuim alle und niemand würde es wagen, Sanikas zu erzürnen. Man weiß ja nie, vielleicht haben die Priester ja doch recht...

Für das Landen der Schiffe ist der Mischauftrieb allein in der Regel aber nicht ganz hinreichend. Zwar können die Luftschiffe die warme Luft ablassen, doch bei nicht allzu schwerer Zuladung wird dies allein nicht ausreichen, um das Schiff zum Landen zu bringen. Daher werfen die Unuim Anker aus, die sich am Grund verhaken. Dann ziehen sie die Schiffe mit Winden weiter nach unten und vertäuen sie fest am Boden. In Estichà plant man zur Erleichterung dieses Vorgangs technische Vorrichtungen mit großen Gegengewichten, während die den Himmel entgegen stürmenden Kristalltürme der Allianz mittlerweile die Flughöhe der Unuimschiffe erreicht haben...