Naturwissenschaften & Technik

Die letzten Jahrzehnte seit der Gründung der Allianz haben neben dem Goldenen Zeitalter der Entdeckungen vor zweitausend Jahren den größten technologischen Aufschwung aller Zeiten gebracht.
Besonders deutlich zeigt sich dies in den Naturwissenschaften, allen voran der Physik.
Zu nennen sind hier die bahnbrechenden Erkenntnisse in der Mechanik und der daraus entwickelten Nutzung heißen Dampfes. In Verbindung mit den Gesetzen der Reibung, der Hebelgesetze und der Bewegungen einschließlich des Wurfes konnten zahlreiche Gerätschaften aus Militär und Städtebau verbessert werden, wie etwa Katapulte, Statik, Bogen- und Kuppelbau, Seil- und Aufzüge sowie allerlei Gefährte.
Viele dieser Geräte und besonders die fauchenden und stampfenden Dampfanlagen sind jedoch noch in einer frühen Phase der Entwicklung und an eine profitable wirtschaftliche Nutzung ist überhaupt nicht zu denken. Als Beispiel sei die Aufzugsanlange in der Hauptstadt der Allianz genannt, die die Brücke, deren Ende mehrere Dutzend Meter über dem Stadtgebiet liegt und abrupt wie abgeschnitten dort in luftiger Höhe endet, mit dem ebenerdigen Straßennetz verbindet: Eine Fläche von mehreren Häuserzeilen ist mit einem einzigen Ungetüm aus Rohren, Öfen und Ventilen bedeckt.
Ständig dampft und tobt die Anlage, Dampffontänen schießen zornig in den Himmel, der Boden zittert von der Wucht der eingepferchten Gewalten und die Luft ist vom Knirschen der bis zu einer Chiralänge im Radius messenden Zahnräder erfüllt.
Seit einigen Jahren schon werden zahlreiche Aufzüge über dieses Ungeheuer betrieben und es können damit schwere und schwerste Lasten gehoben werden, doch machen die Mengen an Holz und Holzkohle, sowie die unglaublichen Mengen Wasser, die es verschlingt den „automatischen Aufzug“ insgesamt zu einer wirtschaftlichen Katastrophe. Doch das ist nicht bedeutsam, wichtig ist nur, dass man sie hat, dass es existiert. Sie wurde gebaut, weil man die Macht, das Gold und die Sklaven dazu hatte. Allein der Bau hat die theoretische Mechanik dabei weiter gebracht als zehn Jahre Forschung. Doch trotz der riesigen Flächen, die bisher noch nötig sind und trotz des ungeheuren Aufwands an Material und Arbeitskraft ist die Begeisterung für die neu erlangten Technologien ungebremst und so sieht man immer mehr solcher mechanischen Anlagen in der Hauptstadt der Allianz und den Hauptstädten ihrer erblühenden Provinzen.

Dieses Glück der ungeteilten Aufmerksamkeit hat die Erforschung der Pflanzen und Tiere nie genossen. Zwar haben sich schon ganze Generationen von Mehdorapriestern in Zusammenarbeit mit den Tempeln der Arivara daran gemacht, umfassende Herbarien und Tierbestimmungstafeln anzulegen, aber der Dschungel Chrestonims spuckt tagtäglich neue, fremdartige Kreaturen und Pflanzen aus, die sich in manchem ähneln und dann doch so verschieden sind, dass eine Klassifizierung von Tier- und Pflanzenwelt bisher nicht zufriedenstellend gelungen ist. Wertvolles, ja machtvolles und gefährliches Wissen um Pflanzen und ihre Säfte wird jedoch gehütet wie ein geheimer Schatz und Meister dieser Kunst nehmen sie oft mit in ihr Grab. Die Alchimie wird als tödliche Kunst, die Wirkung von Giften und Drogen zu verstärken, gefürchtet wie auch verehrt - als Wissenschaft gilt sie nicht. Einen hohen Stellenwert genießt die Metallurgie. Neben der schon jahrtausendelangen Erfahrung der Chirà im Veredeln von Waffenstahl hat die Verwendung von Eisen für den Bau mechanischer Apparate und Vorrichtungen zu einer großen Kunstfertigkeit und neuen Verfahren zur Eisenerzverhüttung und Eisenwiederverwertung geführt, gerade auch was die Feinmechanik angeht - das Najhima-Zahnrad sei hier an erster Stelle genannt.

In der Tat ist in Chrestonim die Dampfmaschine bereits erfunden worden. Gleichzeitig muß man sich jedoch von den klassischen Vorstellungen die man mit diesem Wort verbindet (wie die Eisenbahn) trennen. Die chiranischen Dampfmaschinen sind wahre Ungeheuer, riesig, schmutzig, laut, gefährlich und alles andere als rentabel. Eine wirtschaftliche Nutzung liegt noch in weiter Ferne, vielmehr sind sie Prestigeobjekte, gleichsam Symbole für den scheinbar grenzenlosen Triumph des schöpfenden, denkenden Geistes über die Natur. Nützlich sind sie selten und der Sklave als billige Arbeitskraft und die gute alte Reitechse oder das Schiff als Transportmittel konnten (obwohl es an Versuchen nicht mangelte!) bisher nicht ersetzt werden. Das Fantasy-Genre wird dadurch also nicht ausgehebelt, dafür wird die Technologie auch zu eifersüchtig bewacht, ist viel zu störanfällig und viel zu selten.