Shettema

Die größte Insel Chrestonims ist wahrlich ein recht idyllisches Fleckchen: inmitten des warmen, von einem sanften Wind überstrichenen Metchà ist das Wetter freundlich und weniger feucht und drückend als in den großen Dschungeltälern. Fast mutet die
Landschaft yedeisch an, finden sich doch auch hier nur einzelne Haine knorriger, uralter Bäume zwischen hier allerdings dichteren, saftigen, vom Gesang der Grillen erfüllten Wiesen, auf denen friedlich Majinas und Viljanas grasen. Die Küste erscheint dem Reisenden besonders im Norden schroff und unwirtlich, ist sie doch von zahlreichen Riffen umgeben und steigt schnell zum Inselinneren hin an. Einzig die Südküste ist flacher und lieblicher, hier finden sich auch die meisten Fischerdörfer.
Das wahre Shettema liegt jedoch im Inneren der Insel, denn hier erstreckt sich eine langgezogene Hochebene, die wahrhaft fruchtbar ist und den Menschen und wenigen Sragon Shettemas ein gutes Auskommen bietet.
Zahlreiche und nicht zu übersehende urtümliche Bauwerke deuten darauf hin, daß Shettema einst ein eigenständiges Sragonkönigreich unter der Herrschaft von Priesterköniginnen gewesen sein muß. Besonders in der Nähe der einzigen großen Stadt Shettemas, Dramana, ist dies zu sehen:
Oberhalb der Stadt zieht sich eine Steile Felswand in einem Bogen, der die Stadt umschließt, zur felsigen Küste hin. Dort oben, auf der äußersten Spitze der Klippe über dem Meer erheben sich sieben himmelhohe Säulen in den Himmel, so dick, daß fünf Mann sie nicht umfassen können und mehr als 60 Vat in der Höhe messend. Sie umstehen in einem Halbkreis einen verwitterten Altar, der noch heute von den Einwohnern Dramanas genutzt wird, um zu den Göttern zu beten und ihnen zu opfern. Zahlreiche weitere Ruinen ziehen sich auf dem Plateau oberhalb der Stadt Dramana durch das dichte Gras, sind inzwischen von knorrigen, alten Bäumen überwachsen und bieten Grillen und Zwyseln eine fürstliche Unterkunft.
Unweit von den sieben Säulen ragen weitere in den Himmel, nicht ganz so groß, aber dafür zahlreicher. Zwischen den Säulen haben die Einwohner Dramanas mehrere Holzböden und einige Treppen eingezogen, die sich nun wild und steil nach oben strebend bis zur Spitze der Säulen vereinigen und sich dort zu einem kleinen Raum verengen, der als Herzstück des Leuchtturmes von Shettema genutzt wird.
Unterhalb des Leuchtturms fallen die Klippen nicht ganz so steil ins Meer hinab, so daß sich an der Wand zahlreiche weitere alte Sragonruinen festklammern konnten, die sich (oft noch über vollständige Räume verfügend) noch eine ganze Weile an den Klippen
über den tosenden Wogen des Meeres entlang ziehen und in einem verwirrenden Höhlensystem enden, die nur über gewagte Kletterpartien durch die Ruinen erreichbar sind.
Die Geschichtsforscher und Sragonkundler sind sich einig, daß es sich bei diesen Ruinen um alte Überreste eines Sragonheiligtums gehandelt haben muß, das sich den göttlichen Mächten Nanto und Ssanku der Sragon verschrieben hat, also den elementaren Gewalten
des Wassers und der Luft. Die Bewohner Dramanas erzählen, im Norden der Insel soll es ein weiteres elementares Doppelheiligtum geben, das des Feuers und des Felsens.
Shettema an sich wird von keinem der Staaten Mradoshans beansprucht. Zwar gibt es immer wieder Überfälle von Men-Achor-Piraten und gehöriges Säbelrasseln von Vobra, doch die oft eigensinnigen und selbstbewußten Bewohner Shettemas konnten ihre Unabhängigkeit bisher bewahren.